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Soziologisches Institut Prof. Dr. Katja Rost

Passport-Bros suchen «traditionelle Frauen» – Feministinnen sehen rot

Sie wollen eine «traditionelle Frau» aus dem Ausland, die kochen und putzen kann: Sogenannte Passport-Bros trenden auf Social Media. Zwischen ihren Partnerinnen und Feministinnen ist ein Streit entfacht.

von Michelle Ineichen, Lynn Sachs

  • Männer zeigen ihre Pässe in die Kamera und erzählen, dass sie ins Ausland reisen, um dort eine «traditionelle Frau» zu finden. 
  • Videos mit dem Hashtag #PassportBros gehen derzeit viral und werden millionenfach aufgerufen.
  • Das sorgt für Kontroversen.

Die Männer verliessen ihre Heimatländer, so sagen sie, weil sie Mühe hätten, Partnerinnen zu finden, die eine Beziehung mit «klassischer Rollenverteilung» führen wollten. Ihre Reiseziele sind mehrheitlich Länder in Asien oder Südamerika. Videos mit dem Hashtag #PassportBros gehen derzeit viral und werden millionenfach aufgerufen. Ein sogenannter Passport-Bro ist der Amerikaner Floyd (25). Auf Youtube gibt er Männern Tipps, wie sie Teil der Community werden können. Seine Videos werden auch auf Tiktok geteilt. In einem kürzlich publizierten Video präsentiert er eine neue Freundin. «Ich bin nach Thailand gekommen, um eine traditionelle Frau zu finden. In den USA kochen und putzen Frauen nicht – sie beklagen sich nur.»

Das Thema sorgt für Kontroversen

Feministinnen werfen den Männern vor, in wirtschaftlich schlechter gestellte Länder zu reisen, um dort die Frauen auszubeuten. Es ist von Sextourismus die Rede. «Wenn Männer in Länder reisen, die weniger Geld und Ausbildung haben, dann ist das, weil sie eine Frau wollen, die in Bezug auf ihren Lebensunterhalt und ihre Ressourcen von ihnen abhängig ist. Das ist problematisch», so eine Tiktok-Userin. In einigen Videos bezeichnen die Kritikerinnen die Frauen unter anderem als verletzlich, ungebildet und bedürftig. Die Vorwürfe wollen die Partnerinnen von Passport-Bros nicht so stehen lassen und wehren sich auf Social Media.

Darum trenden die Passport-Bros

Thomas Neumeyer, Sprecher vom Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen Männer.ch, kann sich erklären, weshalb die Passport-Bros aktuell trenden. Die Ansprüche an Männer hätten sich in kurzer Zeit massiv erhöht: «Leistungsstark müssen sie immer noch sein, aber zusätzlich auch sozial und emotional kompetent, als Väter präsent und im Haushalt geschickt.» Das verunsichere und überfordere viele Männer. «Sie sehnen sich nach der Klarheit von früher. Weil das für die meisten Frauen aber kein attraktives Angebot mehr ist, fällt es ihnen immer schwerer, eine passende Partnerin zu finden.» Problematisch findet er es aber, wenn Männer in wirtschaftlich schwächere Länder reisen, um nicht nur eine «traditionelle», sondern auch eine abhängige Partnerin zu suchen. Negative Reaktionen auf Tiktok-Videos von Passport-Bros kann er deshalb verstehen. «Allen Männern in binationalen oder traditionellen Partnerschaften Ausbeutung zu unterstellen, ist aber falsch.»

Dürfen sich Feministinnen aufregen?

Die Feministinnen, welche das Phänomen kritisieren, fällen laut Katja Rost, Soziologie-Professorin an der Universität Zürich, Pauschalurteile. «Sie sprechen von der Unterdrückung und Ausbeutung der Frauen durch diese Männer. Dabei ist es jedoch wichtig zu differenzieren, dass Emanzipation und Gleichberechtigung auf der Welt anders verteilt und anders verstanden werden. In der Kritik werden aber nur westliche Werte bedacht.» In Europa und den USA stelle man seit einigen Jahren eine Re-Traditionalisierung von Männern fest. Viele kämen mit der Emanzipierung der Frauen nicht richtig klar und wollten sozusagen zurück zur «klassischen» Ordnung. «Dementsprechend nehmen die potenziellen Partnerinnen der Passport-Bros die Rollen ein, die viele Frauen in westlichen Ländern nicht mehr einnehmen wollen», sagt Rost.